Das Geothermie-Kraftwerk Pullach ist ein Pionier-Projekte der geothermischen Wärmeversorgung im Großraum München. Als Dublette geplant und betrieben, erweiterte der Betreiber Innovative Energie Pullach (IEP) wegen steigender Nachfrage 2011 das Projekt um eine dritte Bohrung, die heute als Injektionsbohrung genutzt wird. Die alte Bohrung Th2 wurde zur Förderbohrung umgewandelt.
2001 begann die Gemeinde Pullach mit dem Vorstoß in die geothermische Wärmeversorgung. Eine geologische Machbarkeitsstudie zur Reservoirerschließung bestätigte das Vorhaben. Das Bergamt erteilte noch im gleichen Jahr die Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdwärme. Nach Reprocessing von Alt-Seismikdaten der Kohlenwasserstoffindustrie, Detailauswertung und anschließender Risikobewertung begannen drei Jahre später 2004 die Bohrarbeiten. Gebohrt wurde mit einer Anlage der ITAG, Rig 23. Abgeteuft wurden zwei abgelenkte Tiefbohrungen, deren Ansatzpunkte an der Oberfläche nur 7,5 m voneinander entfernt lagen. Begonnen wurde im Dezember 2004 mit der Th1, die nach 42 Tagen, im Januar 2005, ihre Endteufe auf 3.550 m (MD) erreichte. Pumptests der Th1 ergaben Thermalwassertemperaturen von 98 Grad Celsius. Nach Liner-Einbau zur Bohrlochsicherung wurde die zweite Bohrung Th2 im Frühjahr bis auf 4.120 m (MD) Endteufe niedergebracht – Ergebnis „fündig“ mit 45 Liter pro Sekunde und 107 Grad Celsius Wassertemperatur. Die anschließenden Zirkulationsversuche fielen jedoch unbefriedigend aus, da die Th1 im Injektionsversuch nicht genügend Wassermasse schluckte. Nachdem eine Bohrlochvertiefung nichts am Schluckverhalten der Th1 änderte, wurde in 2.814 m (MD) ein Sidetrack bis auf 3.930 m (MD) abgeteuft. Die Spülungsverluste lagen aber noch nicht im erwarteten Bereich. Daher wurde die Th1 zur Förderbohrung, die Th2 mit den höheren Temperaturen zu Injektionsbohrung. Nach Pumpeneinbau im November 2005 ging Pullach ans Fernwärmenetz. Die Bohrkosten inkl. Sidetrack betrugen neun Millionen Euro.
Durch die steigende Nachfrage nach geothermischer Fernwärme bei gleichzeitiger Vollauslastung, parallel zur ungenügenden Wasseraufnahme der Injektionsbohrung, entschloss sich die IEP, als erstes Projekt in Deutschland den in Betrieb befindlichen Bestand um ein Bohrloch zu erweitern. Die Bohrarbeiten begannen im Januar 2011, die nach 56 Tagen die Endteufe von 3.984 m (MD) erreichte. Aufgrund der geringen Enddurchmesser von fünf und fünfeinhalb Zoll der Th1 und Th2, wurde die dritte Bohrung Th3 mit sieben Zoll Enddurchmesser ausgebaut. Der Pumpversuch bestätigte eine Schüttung von 80 Liter pro Sekunde bei Wassertemperaturen von knapp 111 Grad Celsius. Das bedingte zwangsläufig eine Neukonfiguration der Triplette. Die Th3 wurde aufgrund des größeren Durchmessers zur Injektionsbohrung, die beiden Altbohrungen mit den geringeren Durchmessern zur Förderbohrung, was eine Umkehrung Th2 erforderte und ohne Temperaturverluste realisiert wurde. Seit 2012 wird Pullach mit einer Triplette betrieben, mit Option zur Erweiterung.
2018 wurde Pullach beim Praxisforum Geothermie.Bayern als „Goldenes Heizwerk 2017“ mit dem Geothermischen Energiepreis Bayern ausgezeichnet. Das Heizwerk erzeugte bayernweit die höchste Wärmemenge und wies zudem eine hervorragende Performance auf.
Weitere Infos unter: http://www.iep-pullach.de
Quelle: www.tiefegeothermie.de